Eine „Schatzzeit“ für die Kinder

Anne Schwede alias „Ottilie“ bringt Clownerie in die Kita

Wie hört es sich an, wenn sich eine Elfe bewegt? Die Ohren auf den Fußboden gepresst, angestrengt den Schritten auf dem Flur lauschend, die Augen zur besseren Konzentration geschlossen, liegen sie da. Alle: die Kita-Kinder, ihre Erzieherinnen und Ottilie. Die Clownin begeistert die Kinder in der Kolping Kindertageseinrichtung Bad Lippspringe mit ihren Improspielideen. Und wie geht ein Elefant? Und wessen Schlappen schlurfen jetzt über den Flur? Die Kinder werden nicht müde, Gangarten zu erlauschen und neue Varianten selbst ins Spiel zu bringen und auszuprobieren.

Anne Schwede alias Clownin „Ottilie“ zeigt den Mädchen und Jungen, wie einfach spielen sein kann – und das immer auf Augenhöhe. Anne Schwede alias Clownin „Ottilie“ zeigt den Mädchen und Jungen, wie einfach spielen sein kann – und das immer auf Augenhöhe. Anne Schwede hat mit ihrem clownischen Alter Ego die Herzen der Kinder im Sturm erobert. Seit Dezember 2023 war die Cownin im Zwei-Wochen-Rhythmus für zwei Stunden in der Kita am Kalberkampsweg – jeweils in Begleitung einer ihrer Clownschülerinnen aus ihrem Humorkolleg. Möglich machte dies das Förderprogramm des Landes NRW „Künstlerinnen und Künstler in die Kita“, mit dem kulturelle Bildung in den Kitas ein größeres Gewicht bekommen soll.

„Fehler sind ein Geschenk“

Eine der Herzensangelegenheiten von Anne Schwede ist es, den Kindern zu zeigen, wie einfach spielen sein kann – ganz ohne Spielzeug. Mit bringt sie lediglich ihre Spielideen und ihr Improvisationstalent. Fasziniert ist sie immer wieder, wie lange sich die Mädchen und Jungen in den Improspielen verlieren können und mit wie viel Phantasie sie die Geschichten immer weiter voranbringen. Sie sind längst zu kleinen Phantasiefachleuten geworden. Da könnte doch ein kleiner bunter Faden, der auf dem Boden liegt, ein Zauberfaden sein. Möglicherweise hat ihn aber auch ein Zwerg verloren. Oder hat er gar besondere Fähigkeiten? „Die Vorschläge und der Input kommen von den Kindern“, berichtet Anne Schwede.

Dabei lernen die Kleinen auch eine fröhliche Fehlerkultur kennen: „Fehler gibt es nicht, denn Scheitern ist schön“, betont Anne Schwede: „Für einen Clown sind Fehler ein Geschenk. Sie bergen das Potenzial, das Spiel weiterzuspinnen und neue Wege auszuprobieren.“

Und die Lerneffekte für die Kinder sind noch viel vielfältiger: „Das Spiel mit Ottilie bietet viele Sprachanlässe, in denen die Kinder miteinander in den Austausch kommen und beispielsweise auch Kommunikationsformen wie den Sprecherwechsel lernen“, berichtet Alexa Urban, stellvertretende Leiterin der Kita. Auch das Miteinander in der Gruppe profitiert von der Clownerie. „Die Kinder werden offener und gehen inzwischen ungezwungen und ohne Scheu auf andere zu“, freute sich Alexa Urban über die Bereicherung im Kitaalltag durch den regelmäßigen Besuch der Kontaktclownin.

Fußbodennahes Arbeiten eröffnet andere Zugänge

Kontaktclownin – auf die Bezeichnung legt Anne Schwede großen Wert. Ihr Verständnis von Clownerie: auf besondere Weise mit den Kindern in Kontakt treten, die Antennen für die Stimmung ausfahren und dieser mit Empathie begegnen. Das bedeutet auch, die Kinder mit Fingerspitzengefühl daran zu gewöhnen, das  „große, bunte, unbekannte Wesen“ mit der roten Nase, der orange-umrandeten Fliegerbrille, dem orange und blauen Outfit und den grün-bestrumpften Beinen nicht als angsteinflößend wahrzunehmen. „Fußbodennahes Arbeiten“ lautet das Erfolgsrezept. Die meiste Zeit verbringt Anne Schwede auf dem Boden: kniend oder liegend – immer auf Augenhöhe mit den Kindern. Das eröffnet ganz andere Zugänge zu den Mädchen und Jungen, sie erfahren eine andere Art der Aufmerksamkeit. „Das ist eine wertvolle Zeit für die Kinder“, betont Kitaleiter Kilian Kuhnke. „Das ist ihre Schatzzeit.“

Der Funke springt in alle Richtungen

Der Kitaleiter und sein Team am Kalberkampsweg sind so begeistert, dass sie das Projekt gerne fortführen möchten und haben bereits einen Folgeförderantrag gestellt. Auch in der Kolping-Kita Auguste in Bad Lippspringe wird „Ottilie“ bald Einzug halten – die insgesamt dritte Kolping-Kita für die Kontaktclownin. Auch die Adolph-Kolping-Kindertageseinrichtung Nordborchen war in der vergangenen Förderperiode Wirkungsfeld von „Ottilie“ und auch dort möchte man die Clownin gerne weiterhin in der Einrichtung begrüßen.

Anne Schwede ist ihrerseits Feuer und Flamme für das Projekt. Bislang hatte sie ihre Einsätze als Clownin in Schulen und Krankenhäusern. „Das Konzept Clown in der Kita ist noch ganz frisch“, sagt die Leiterin des Humorkollegs in Paderborn, wo sich sechs aktive Clowninnen darauf freuen, ihre neuen Fertigkeiten zum Einsatz zu bringen. Auch bei Melanie Stemme ist der Funke übergesprungen. Die Erzieherin in der Kita am Kalberkampsweg hat den eigenen Clown entdeckt und könnte sich vorstellen für Kolping in ein Clownskostüm zu schlüpfen.