Gelassen, verschmust, verspielt und auch zickig

Tierische Neuzugänge bringen neue Dynamik auf den Gutshof

 „Alva ist verfressen. Aber eigentlich passt das zu allen“, runzelt Anna Mühling unschlüssig die Stirn. „Aber Alva ist besonders verfressen“, hält sie nach einem weiteren prüfenden Blick schriftlich fest. Mit einem Streckbriefformular in der Hand sitzt die Tiertrainerin vom Kolping Gutshof in Großeneder im Kaninchengehege auf dem Rasen. Zusammen mit zwei Jugendlichen aus der „Start-off“-Maßnahme macht sie sich mit den Zwergkaninchen vertraut. Die sechs Langohren gehören zu den tierischen Neuzugängen auf dem Gutshof. Zusammen mit der Shetlandponyfamilie Sir Henri, Maja und Fohlen Sally sowie Eselsdame Jette haben sie Ende August hier die Ställe bezogen. Für das Hofteam und die Jugendlichen eine spannende Zeit. Denn die Tiere sind in ihren Charakteren genauso unterschiedlich und individuell wie die Menschen. Und sie bringen ihre ganz eigene Dynamik mit in das Hofleben.

Mit buschiger Mähne und Schweif: Fohlen Sally. Frisch frisiert: Sir Henri. Stets gelassen: Stute Maja. Verschmust: Eseldame Jette. Flauschig: Filou (links unten) und Alva. Und ein Spaziergang mit ganz eigener Dynamik. Mit buschiger Mähne und Schweif: Fohlen Sally. Frisch frisiert: Sir Henri. Stets gelassen: Stute Maja. Verschmust: Eseldame Jette. Flauschig: Filou (links unten) und Alva. Und ein Spaziergang mit ganz eigener Dynamik. Fotos: Jana Sudhoff

Die Besonderheiten der Kaninchen gilt es an diesem Nachmittag herauszufinden, um ihre Steckbriefe in der Kategorie „Eigenschaften“ für die Infotafeln zu vervollständigen. Die braunfellige Alva ist nicht nur die Erste, wenn es im Leckerli-Karton rappelt. Sie ist auch besonders flauschig. Genauso wie der gemütliche graumelierte Filou, der einzige Bock und damit Chef in der kleinen Familie. „Scheu oder nicht scheu“ – auch bei der dunkelfarbigen Krümel ist das Beobachtungsteam noch unsicher. Die Kaninchenoma in der Langohrenrunde hat ihre karamellbraune Tochter Toffee und ihren beiden schwarz-weiß gefleckten Enkelinnen Flecki und Hexe mitgebracht. Letztere kann auch „zickig“, was ihr von Besitzerin Lynn Luber ihren Namen eingebracht hat. Die Praktikantin im Anerkennungsjahr hat ihre sechs Zwergkaninchen für die tierpädagogische Arbeit mit auf den Gutshof gebracht. „Ich mag es, wenn Tiere ihre eigene Meinung haben“, hat Anna Mühling direkt große Sympathien für Hexe.

„Sie haben alle ihre Stärken“

Ins Herz geschlichen hat sich längst auch Fohlen Sally beim Hofteam. Jetzt durfte das im Juli geborene „Baby“, wie es von den Jugendlichen liebevoll genannt wird, erstmals seine Eltern und Eseldame Jette beim Spaziergang begleiten. Ein paar übermütige Wälzer auf dem Rasen beim Stopp fürs Gruppenfoto – ansonsten bleibt Sally dicht bei Mama Maja. „Mit der Mähne sieht Sally den ganzen Tag so aus, als wäre sie gerade erst aufgestanden“, stellen die menschlichen Begleiter beim Blick auf die buschige „Babyfrisur“ fest. Auch in ihrer Art ist Sally noch „typisch Baby“: verspielt, unbefangen – sie macht, was ihr gerade in den Kopf kommt. Entspannt und gelassen nimmt dies Stute Maja hin. „Sie hat nicht viel Stress mit ihrem Fohlen“, hat Anna Mühling beobachtet. „Sie genießt ihre Privilegien als Mutter und Auszeiten mit ihrem Fohlen auf der Weide." Als hätte er seinen Nachwuchs wochenlang nicht gesehen, wiehert derweil Hengst Sir Henri, als Sally nur ein bisschen später als er vom Spaziergang in den Stall zurückkehrt. Er hat seine Familie gerne in der Nähe. „Er ist der Wilde: Er wird schnell unruhig und ist gerne in Bewegung“, beschreibt ihn Anna Mühling.

Ein voll integriertes Familienmitglied ist Jette. Statt störrisch wie ein Esel ist sie verschmust und total entspannt. Sie liebt es gekrault zu werden. Sie ist aber auch die Zweigesichtige: Sie macht vieles mit Bedacht und den Anschein, als müsse sie alles erst einmal überdenken. Mit ihren Entscheidungen lässt sie sich Zeit und meistens auch mit ihrem Tempo bei Spaziergängen. „Sie kann aber auch richtig Gas geben und flott werden“, hat Anna Mühling unterwegs beobachtet. Ihre soziale Ader hat Jette schon mehrfach bewiesen. Sie schlüpft wie viele ihrer Artgenossen in die Rolle als „Wachtier“ und passt gut auf die tierische Spazierganggruppe auf. Das bekommen auch schon mal die Hunde zu spüren, die kurzerhand gezwickt und weggescheucht werden.

Welches ihr Lieblingstier ist – das können die Jugendlichen bei ihren Tierzeiten selbst herausfinden. „Sie sind alle unterschiedlich und haben andere Stärken“, sagt Anna Mühling. „Genau das macht den Reiz bei der Arbeit und den Begegnungen mit den Tieren aus.“

Beim Hoffest die neuen tierischen Charaktere kennenlernen

Die beste Gelegenheit, die neuen tierischen Bewohner auf dem Gutshof kennenzulernen, bietet sich beim Hoffest am Sonntag, 27. Oktober. Um 11 Uhr öffnet der Hof an der Hauptstraße 1 in Großeneder für alle Interessierten seine Tore. Nach dem Eröffnungsgottesdienst besteht ausreichend Zeit, die Tiere an ihren Ställen zu besuchen. Natürlich freuen sich nicht nur die Shetlandponyfamilie und Eselin Jette über kleine Streicheleinheiten am Zaun. Auch die Schafherde findet Besuch an ihrem Stallgitter immer wieder spannend. Im Hühnergehege sieht man, wie prächtig sich die beiden Küken in Stephahns Hühnerfamilie entwickeln. Am Kaninchengehege kann man die Probe aufs Exempel machen, ob man die sechs Langohren schon auseinanderhalten kann. Komplettiert wird die tierische Familie durch die Fische und Bartagamen in der Gutshofdiele.  

Wir freuen uns an diesem Herbstsonntag nicht nur über zahlreiche Besucher*innen, sondern auch über Kuchenspenden. Wer ein Backwerk für das Buffet zusteuern möchte, meldet sich bitte zwecks besserer Planung per Mail bei Gitta Franke: . Auch helfende Hände – unter anderem beim Auf- und Abbau – sind willkommen.