Lernen aus dem Leben heraus

Auftritte im Seniorenzentrum für beide Seiten eine Bereicherung

„Der Wind, der Wind, das himmlische Kind“ schallt es im Chor. Die Senior*innen im Seniorenzentrum Altenbeken haben das Märchen „Hänsel und Gretel“ wiedererkannt und stimmen spontan in die Geschichte der Schüler*innen ein. Fünf Teilnehmende der Ausbildungsvorbereitung „Gesundheit, Erziehung und Soziales“ des Kolping-Berufskollegs Paderborn sind zusammen mit ihrer Musiklehrerin Irena Burmester und Klassenlehrerin Daria Wiese in die Einrichtung gekommen, um die Bewohner*innen rund um das Thema Märchen zu unterhalten und Erinnerungen wachzurufen.

Volkslieder zum Mitsingen haben Musiklehrerin Irena Burmester, Klassenlehrerin Daria Wiese und die Schüler*innen vom Kolping-Berufskolleg Paderborn für ihr Publikum im Seniorenzentrum einstudiert. Volkslieder zum Mitsingen haben Musiklehrerin Irena Burmester, Klassenlehrerin Daria Wiese und die Schüler*innen vom Kolping-Berufskolleg Paderborn für ihr Publikum im Seniorenzentrum einstudiert. Foto: Jana Sudhoff Sie haben für ihr Publikum ein Märchen-Alphabet vorbereitet und gemeinsam überlegen sie, welche Erzählung es zu welchem Buchstaben gibt. Ein Schülerduo liest das Grimm’sche Märchen „Hänsel und Gretel“ vor, auch Lieder wie etwa „Dornröschen“ und die „Vogelhochzeit“ haben sie einstudiert.

Gestartet ist das Projekt „Seniorenheim“ einstweilen im vergangenen Jahr. Seitdem Irena Burmester Anfang des Schuljahres fest zum Kollegium dazustieß, hat es die Musiklehrerin in ihrem Unterricht etabliert. Gemeinsam erarbeitet sie mit ihren Musikschüler*innen ein kleines Programm, mit dem sie in verschiedenen Senioreneinrichtungen auftreten. Im Repertoire haben sie Volks- und Kinderlieder, die sie zu thematischen Schwerpunkten aussuchen. Den Bewohner*innen der Einrichtungen etwas den Alltag zu versüßen, ist nur eines der Projektziele.

Projekt dient der Berufswahlorientierung

Es ist gleichermaßen gelebte Berufswahlorientierung. Manche Schüler*innen der Ausbildungsvorbereitung wissen noch nicht, wohin die berufliche Reise gehen soll. Ihren Horizont möchte Irena Burmester schon vor dem ersten Praktikum erweitern und ihnen einen lebendigen Einblick in das Leben in einer Senioreneinrichtung geben – als eines der Berufsfelder im sozialen Bereich. „Die meisten Schüler*innen hatten bisher dahingehend keinen Kontakt“, berichtet die Musiklehrerin, die selbst schon seit Jahren in Senioreneinrichtungen auftritt und viele Kontakte hat. In dem Atemzug möchte sie vermitteln, dass zur Pflege auch soziale Aspekte gehören, um unter anderem Abwechslung und Unterhaltung in den Alltag der Senior*innen zu bringen. Bei ihren kleinen Aufführungen erleben ihre Schützlinge auch, wie sehr die Bewohner*innen auf die Außenwelt angewiesen sind und wie sehr sie strahlen, wenn sie musikalischen Besuch bekommen.

Das hat sich auch als Motivationsmotor erwiesen. Die anfängliche Scheu vor den Aufführungen ist verschwunden. Als Nebeneffekt haben die Schüler*innen einiges für ihre Persönlichkeitsentwicklung mitgenommen. „Sie lernen ein sichereres Auftreten, zu dem es gehört, laut zu sprechen und aus sich herauszukommen“, blickt Irena Burmester stolz auf die Entwicklung der Lernenden.

Lernen müssen sie jetzt noch das Lied „Tulpen aus Amsterdam“. Als sie nach ihrem Auftritt in der Altenbekener Einrichtung Holztulpen an ihr Publikum verteilten – als kleine selbstgefertigte Aufmerksamkeit aus der schuleigenen Holzwerkstatt –, war das die Steilvorlage für die Senior*innen, sich den bekannten Schlager als Zugabe zu wünschen. Dank Youtube-Vorlage waren die ersten Strophen schnell improvisiert. Bis zum nächsten Mal will der „Projektchor“ dann textsicher sein, so das Versprechen beim Abschied.