Pilotprojekt an der Förderschule Brakel
Die Grundschüler*innen sind „stark wie ein Löwe“
„Gib mir Timmy zurück“ – „Gib mir Timmy zurück“ – „Gib mir Timmy zurück“. Der Siebenjährige bleibt beharrlich. Aufrecht und mit festem Stand steht er vor der fiesen Denise und fordert deutlich und vernehmlich die Rückgabe des Stoff-Erdmännchens. Nachdrücklich, ohne sich durch ihre Beleidigungen, Zickereien und Ablenkungsmanöver von seinem Ziel ablenken zu lassen. „Ihr müsst genau sagen, was ihr wollt. Und ihr gebt nicht auf“, lautete der Arbeitsauftrag bei diesem kleinen Schauspiel. Drei Tage lang lernten die Schüler*innen der Klassen 1+2 und 3+4, wie sie sich gegen Mobbing wehren können – an der Kolping Förderschule Brakel ein Pilotprojekt im Primarbereich.
Jedes Kind ist ein kleiner Held: Selbstbehauptungs- und Resilienztrainerin Kathrin Klenke übte mit den Grundschüler*innen der Kolping Förderschule in Brakel die Heldenpose, den Umgang mit der fiesen Denise und viele andere Tricks, wie sie stark und selbstsicher wirken. Foto: Jana Sudhoff Für Kathrin Klenke, Selbstbehauptungs- und Resilienztrainerin, ist es das erste Mal, dass sie mit ihrem Kurs „Stark wie ein Löwe“ in einem Förderschulklassenzimmer steht. „Es ist traumhaft mit Kleingruppen zu arbeiten“, freut sie sich. Ein guter Rahmen für die vielen spielerischen und Bewegungselemente, die in ihren je eineinhalbstündigen Einheiten im Vordergrund stehen. „Ich möchte die Kinder darin bestärken, dass sie sich selbst mögen und dass nicht wichtig ist, was andere sagen. Ziel ist, ihre Resilienz zu fördern“, sagt die Warburgerin, die den Mädchen und Jungen Tipps und Tricks mit auf den Weg gibt, wie sie mit Beleidigungen umgehen und auf ungewolltes Anpacken oder Gewaltandrohungen reagieren können, wie sie stark und selbstsicher wirken – sprich, wie sie mit Herausforderungen und Konflikten im Alltag gut umgehen. Und das ist momentan nötiger denn je, sagt Schulsozialarbeiterin Sabine Nicolai, die durch einen Zeitungsbericht auf die Trainerin aufmerksam geworden war und das Projekt initiiert hatte.
Sie betont, wie wichtig es ist, die Kinder im Einzelnen, aber auch die Klassengemeinschaft durch solch ein Projekt zu stärken. „Die Kinder lernen spielerisch, sich selbst besser einzuschätzen, erlernen Strategien, die sie schon auf dem Schulhof, aber auch zu Hause umsetzen können. Sie freuen sich, Möglichkeiten der Konfliktvermeidung und Konfliktlösung zu entwickeln und zu trainieren. Sie erleben eine Stärkung ihres Selbst, was gerade für unsere Schüler*innen enorm wichtig ist. Der Bedarf ist in diesem Bereich sehr groß, was durchaus auch durch die Pandemie und die daraus resultierenden fehlenden Erfahrungen in Kita und Schule verursacht wurde. Und daher hat die Adolph-Kolping-Schule dem Nachholbedarf in diesem Schuljahr „ein ordentliches Pfund“ entgegengehalten und zahlreiche Projekte angeboten. Dazu gehören ein Kletterprojekt für die Jungen der Primarstufe, ein Wendo-Projekt (Selbstbehauptung und Selbstverteidigung) für Mädchen der Primarstufe, die theaterpädagogische Werkstatt „Mein Körper gehört mir“ und eben jenes Resilienz- und Mobbingpräventionsprojekt von Kathrin Klenke für die Grundschüler*innen.
Das Projekt soll möglicherweise etabliert werden
Wie werde ich nicht zum Opfer, wenn ich angegriffen werde? – „Je eher Schüler*innen geschult und sensibilisiert werden, desto besser. Das ist für die Förderschule genauso wichtig“, betont Schulleiter Dietmar Overbeck, der für die Förderschule eine klare Position bezieht: „Wir kümmern uns und sind bereit, mit allen Mitteln zu unterstützen, die die Schule hat.“ Unterstützung für das Projekt „Stark wie ein Löwe“ kam vom Förderverein der Schule und dem Kolping Schulwerk, die anteilig die Kosten für den Kurs übernommen haben. Und wenn das Feedback zum Projekt positiv ausfällt, soll es künftig in einem Zwei-Jahres-Rhythmus seinen festen Platz an der Brakeler Förderschule bekommen, so dass es jedes Kind zweimal in seiner Grundschulzeit durchläuft. Um dann umso besser verinnerlicht zu haben: „Ich bin nicht perfekt und das ist gut so. Aber ich gebe mein Bestes und ich mag mich.“