TGB-Autorenteam entwirft „Kartenset Heilerziehung“
Fülle von Lernsituationen erleichtert Lehrkräften bundesweit den Unterricht
Die Didacta in Stuttgart hielt eine Neuerscheinung für Lehrkräfte in der Heilerziehungspflege, Sozialassistenz, Haus- und Familienpflege und Sozialpädagogik bereit. Der Verlag Handwerk und Technik präsentierte im März beim bedeutendsten Branchentreffpunkt in Sachen Bildung ein neues Kartenset mit einer Fülle von Lernsituationen rund um die Arbeit mit Menschen mit Behinderungen. Die Erfinder des „Kartenset Heilerziehung – Team Teilhabe“ kommen aus Rimbeck. Drei Jahre lang hat das fünfköpfige Autorenteam vom Theresia-Gerhardinger-Berufskolleg Warburg-Rimbeck (TGB) an dem Grundkartenset und seinen sieben Zusatzkartensets gearbeitet und eine komplexe fiktive Welt rund um die Wohnstätte „Wiesengrund“ erschaffen. Ein Projekt, das geprägt war von viel Fantasie und Einfallsreichtum, viel Fleißarbeit und einigen größeren Herausforderungen.
Barbara Altemeier, Diana Hohmann, Mareike Gördemann, Josef Grabbe und Steffi Rapp entwarfen als Autorenteam zusammen das „Kartenset Heilerziehung – Team Teilhabe“. Das Kartenset bietet detailliere Einblicke in das Miteinander der 14 Bewohner*innen und der zehn Mitarbeitenden im „Wiesengrund“. Um die Profile mit Leben zu füllen, konnten Barbara Altemeier, Diana Hohmann, Mareike Gördemann, Josef Grabbe und Steffi Rapp ihre Kreativität ausgiebig ausleben. Bis zu zwei Din-A4-Seiten umfasst die Darstellung eines jeden Charakters. Jede Bewohnerin und jeder Bewohner der Wohnstätte wird individuell beschrieben und bringt eine persönliche Biografie mit eigenen Verhaltensweisen, Vorlieben und Interessen, eigene Ressourcen und Entwicklungsaufgaben mit. Die Mitarbeitenden erhalten sowohl in beruflicher als auch privater Hinsicht ein Gesicht und werden mit ihren unterschiedlichen Kompetenzen und Erfahrungen, Unsicherheiten und Bedürfnissen beseelt. Ergänzt wird das Setting durch Angehörige, gesetzliche Vertreter, Nachbarn, Allgemeinmediziner und Physiotherapeut, Netzwerkkarten der Bewohner*innen sowie Trägerbeschreibung, Einrichtungsbeschreibung der Wohnstätte und Verortung im Sozialraum. Rund um diesen Schauplatz sind kompakte Lernszenarien gestaltet, die zahlreiche Fragestellungen und Herausforderungen der beruflichen Praxis behandeln.
Neuer HEP-Lernplan eingeflossen
Der Anstoß für dieses innovative Projekt: „Unsere Schüler*innen bringen unterschiedliche Vorkenntnisse mit. Mit dem Lernsetting der Wohnstätte Wiesengrund haben wir für alle einen gleichen Ausgangspunkt geschaffen, auf den man gemeinsam immer wieder zurückgreifen kann“, erklärt Josef Grabbe, Bildungsgangleiter für Heilerziehungspflege (HEP) am TGB. Auch die enge Verzahnung zwischen Theorie und Praxis war dem Autorenteam ein wichtiges Anliegen. Ein weiterer Vorteil: Das Lernen dürfte den Schüler*innen durch das Eintauchen in die Lebenswirklichkeit im „Wiesengrund“ leichter fallen, weil in den Köpfen durch das Detailreichtum und die persönlichen Kontexte eine Beziehungsebene zu den Klient*innen entsteht. In die Karten spielte dem Autorenteam als weiterer Benefit für das Set zudem der neue HEP-Lernplan, der zum neuen Schuljahr in Kraft tritt und dem man mit den neuen Lernmaterialen bereits Rechnung trägt. Auch Corona hat das Projekt beflügelt. „Dadurch, dass es alle Kartensets auch in Onlineversionen gibt, ist das Material digital einsetzbar“, hebt Josef Grabbe hervor. Mit den Materialien eine breite Vielfalt an Unterrichtsinhalten zu kreieren, die unterschiedliche Krankheitsbilder und Formen von Behinderungen widerspiegeln, war den Machern wichtig. So leben im „Wiesengrund“ Menschen unter anderem mit Spina bifida, Borderline-Störung, ADHS, dem Angelman-Syndrom und dem Fetalen Alkoholsyndrom. „Also nicht nur Autismus und Epilepsie wie sonst üblich“, betont Grabbe.
Komplexe Herausforderungen
Durch die Komplexität ein ambitioniertes Unterfangen. „Das Spannende war, die Personen mit ihren eigenen Wesenszügen zu erschaffen“, berichtet der Lehrer für HEP und Sozialassistenz. Und durch die Zusammenarbeit der fünf TGB-Lehrer*innen ist ein breites Spektrum an Erfahrungen eingeflossen. „Das Schreiben der Szenarien und Profile war dann viel Fleißarbeit“, so Grabbe weiter. Die vielschichtigen Herausforderungen lagen dann vielmehr in der Konstruktion des Gesamtbildes: ein realistisches Bild zu kreieren, das in sich schlüssig ist und unterschiedliche Aspekte berücksichtigt wie die Anbindung an den neuen Lehrplan sowie die Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention. So enthält das Kartenset beispielsweise auch einen Grundriss des Erd- und des Obergeschosses der Wohnstätte. „Die Herausforderung fing schon beim Entwerfen der Sanitäranlagen an, damit sie auch den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention entsprechen“, führt Grabbe als Beispiel an. Und noch mehr Dimensionen kamen durch die sieben Zusatzkartensets hinzu – mit jeweils acht Lernsituationen aus unterschiedlichen Lern- und Themenfeldern wie zum Beispiel Teamprozesse und Kommunikation, Partizipation und Sozialraum sowie Gesundheitssorge.
Das handlungsorientierte Unterrichtsmaterial enthält ein Grundkarten- sowie sieben Zusatzkartensets. Foto: Jana Sudhoff Die Zusatzkartensets sind nur in Kombination mit dem Grundkartenset verwendbar. Das Grundkartenset kann auch unabhängig eingesetzt werden. „In dem Fall müssen die Lehrer*innen die Arrangements noch didaktisch und methodisch aufarbeiten“, erklärt Grabbe. Die Zusatzkartensets enthalten bereits methodisch variierende Aufgabenvorschläge, die von der Lehrkraft individuell nach Anforderungsbereichen an die Lerngruppe angepasst werden können. Aufgaben aus dem Alltag, herausfordernde Verhaltensweisen, Gesundheitskrisen und Konfliktmomente gilt es zu bewältigen. „In welcher Reihenfolge und wie die Lehrer*innen die Sets konkret in ihrem Unterricht einsetzen, dafür muss jede Schule für sich einen Fahrplan erstellen“, sagt Josef Grabbe.
Die ersten Rückmeldungen aus der Lehrerschaft waren positiv. In zwei Webinaren stellte das TGB-Autorenteam im Frühjahr sein Kartenset vor bundesweitem Publikum vor. „Da haben wir lange drauf gewartet“, hörten die TGBler von den zugeschalteten Kolleg*innen. Wie die Schülerreaktionen ausfallen, wird sich im neuen Schuljahr zeigen, wenn die Kartensets in den Echtbetrieb gehen.
Einen Blick ins Buch zum Grundkartenset gibt es unter diesem Link.
Es sind noch Plätze frei für die Ausbildung zum Heilerziehungspfleger/zur Heilerziehungspflegerin. Wer Interesse hat, findet auf der Website des Netzwerks Ausbildung Heilerziehungspflege Kreis Höxter alles Wissenswerte und die Kontaktdaten.
Ein Szenario der Gesundheitssorge:
„Petra liegt krank im Bett: 39 Grad Fieber, Husten, Schnupfen, die Nase läuft. Sie schläft fast den ganzen Tag. In ihrem kleinen runden Gesicht glänzen die roten Wangen, der Mund steht leicht offen, während sie vor sich hindämmert.“ –
Mögliche Fragestellungen:
Benennen Sie Herausforderungen in Bezug auf Petras Gesundheitssorge.
Skizzieren Sie wesentliche Inhalte eines Hygieneplans für Einrichtungen des Gesundheitswesens.
Petra wird in die Klinik eingeliefert. Entwerfen Sie einen Maßnahmenplan zur Vorbereitung und unterstützenden Begleitung des Klinikaufenthalts einer Klientin.
Fotografieren Sie sich gegenseitig in verschiedenen atemunterstützenden Positionen und Lagerungen und fassen Sie Ihre Ergebnisse in einer Collage zusammen.